Stellungnahme zur geplanten Ratsverkleinerung ab 2014

gruene_fraktion_suedlohn_oeding_2005Sehr geehrte Damen und Herren,

in den vergangenen Monaten haben wir in den verschiedensten Sitzungen über die Möglichkeit einer Ratsverkleinerung umfassend diskutiert. Zu Beginn der Diskussion wurde immer eine einvernehmliche Lösung befürwortet. Da diese nicht zu Stande kam, wurde das Thema zu den Akten gelegt und nicht weiter diskutiert. Erst nachdem unsere örtliche Presse, aus unserer Sicht einen inhaltlich nicht zutreffenden Artikel, über die Sparbemühungen der örtlichen Ratsvertreter veröffentlichte, kam erneuter Schwung in die Diskussion.

An dieser Stelle möchten wir noch einmal ausdrücklich Klarstellen, dass wir immer die Unrechtmäßigkeit einer erneuten Reduzierung des Rates als Argument vorgetragen haben. Zur Meinungsbildung haben wir uns im Vorfeld drei qualifizierte Meinungen dazu eingeholt, u.a. vom Innenministerium NRW.

 Alle haben uns mitgeteilt, dass eine nochmalige Verkleinerung rechtlich nicht möglich ist.

Wie brisant die rechtliche Beurteilung des Themas „erneute Ratsverkleinerung“ ist, kann man im Umfang der Sitzungsvorlage erkennen. Auf insgesamt 7 Seiten versucht die Verwaltung Ihre Sichtweise zu der rechtlichen Möglichkeit darzulegen. Ein weiteres Indiz ist die Wortwahl: z.B. nach diesseitiger Auffassung oder als gemeint sein dürfte.

Unsere rechtliche Beurteilung:

durch Satzung geändert oder Änderungssatzung:

Die Verwaltung vertritt die Auffassung, dass die Satzung über die Reduzierung der Zahl der zu wählenden Vertreter durch eine Änderungssatzung erneut verändert werden kann.

Wir sind hier andere Auffassung. Gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 KWahlG kann die Zahl der zu wählenden Vertreter durch Satzung verringert werden. Satz 3 des § 3 Abs. 2 KWahlG besagt, dass eine gültige Satzung zur Verringerung bestehen bleibt, bis sie durch Satzung verändert wird. Das bedeutet für uns, dass der Gemeinderat über eine neue Satzung zu beschließen hat und nicht über eine Änderung der bestehenden Satzung. Daraus folgt, dass der Rat der Gemeinde nicht über die Reduzierung des Rates um 4 (von 26 auf 22) sondern um 10 (32 auf 22) Ratsmitglieder beschlossen hätte. Das KWahlG schließt durch § 3 Abs.2 aber eine Reduzierung von mehr als 6 Ratsmitglieder explizit aus. Aus unserer Sicht würde ein Beschluss über die vorgeschlagene Änderungssatzung somit gegen geltendes Recht verstoßen und damit rechtswidrig sein. Dies kann aus unserer Sicht nur die einzig richtige Schlussfolgerung sein.

Folge hieraus = mehr als eine Verkleinerung um 6 Ratsmitglieder ist nicht möglich und somit rechtswidrig.

Weiterhin stellen wir hier die Frage, inwieweit der Beschlussvorschlag den richtigen Wortlaut beinhaltet. Lt. § 3 Abs. 2 lit. a KWahlG müssen 32 Vertreter gewählt werden und nicht wie im Beschlussvorschlag 26. Die Anzahl von 26 Vertretern ist ein Ergebnis der Möglichkeit des § 3 Abs. 2 Satz 2 KWahlG und nicht des Abs. 2 lit.a KwahlG. Dies bedeutet hier müsste der Wortlaut insoweit geändert werden und zwar in: „Die Anzahl der gemäß dem Inhalt der Vorschriften des § 3 Abs. 2 a KWahlG NRW für die Gemeinde Südlohn zu wählenden Vertreter wird ab der Wahlperiode 2014 von zweiunddreißig um zehn auf zweiundzwanzig reduziert. Von den zweiundzwanzig zu wählenden Vertretern werden elf Vertreter in Wahlbezirken gewählt.“

Auslegung der Gesetzesbegründung:

Ein weiteres Argument der Gemeindeverwaltung ist die Auslegung der Gesetzesbegründung zu § 3 KWahlG von 1993. In dieser Begründung wird eine Zweckmäßigkeit der Verringerung der Gemeindevertreter bejaht. Allerdings darf es nicht zu Überschneidungen mit der nächsten Größenklasse kommen. Da das derzeitig gültige KWahlG explizit eine Reduzierung bis zu 6 Vertreter und damit die Überschneidung zu einer nächstniedrigeren Größenklasse erlaubt, hat die Gemeindeverwaltung die Gesetzesbegründung von 1993 insoweit ausgelegt, dass die Überschneidung mit der übernächsten Größenklasse nicht erlaubt ist, also hier 20 Vertreter. Aus diesem Grund wird die Reduzierung auf 22 Vertreter vorgeschlagen und nicht 20. Auch diese Argumentation können wir nicht folgen. Das KWahlG wurde zuletzt im Jahre 2007 geändert (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucksache 14/3977). Bei dieser Gesetzesänderung wurde auch der der § 3 geändert und somit ist die Gesetzesbegründung aus dem Jahre 1993 nicht mehr Heranzuziehen. Weiterhin stellt das IM mit Schreiben vom 14.12.2012 klar, dass die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 KWahlG nur so auszulegen ist, dass nur insgesamt bis zu einer Reduzierung von maximal 6 Ratsmitgliedern pro Gemeinderat erfolgen kann. Da unser Gemeinderat bereits um 6 Mitglieder reduziert ist, ist eine weitere Reduzierung also nicht möglich und damit rechtswidrig.

Demokratieprinzip – mehr Qualität:

Auch den Äußerungen der Verwaltung zur Gesetzmäßigkeit im Sinne des Demokratieprinzips können wir an dieser Stelle nicht Folgen. Die Verwaltung bezieht sich in dieser Vorlage auf die Stadt Köln mit derzeit ca. 1Mio. Einwohner und 90 Ratsmitglieder. Innerhalb dieser Begründung verkennt die Gemeindeverwaltung allerdings, dass Kreisfreie Städte für Ihre Stadtbezirke im Rahmen der Kommunalwahl Bezirksvertretungen wählen lassen müssen. Die Stadt Köln verfügt z.B. über 9 Stadtbezirke. Jeder Stadtbezirk verfügt über einen Bezirksbürgermeister und 19 Bezirksvertreter. All diese Vertreter (171 an der Zahl) werden im Rahmen der Kommunalwahl von den Wählberechtigten gewählt. Die Bezirksvertretungen können autonom über die in § 37 GO genannten Angelegenheiten entscheiden. Hierzu gehören u.a.: Unterhaltung und Ausstattung der im Stadtbezirk gelegenen Schulen und öffentlichen Einrichtungen, wie Sportplätze, Altenheime, Friedhöfe, Büchereien und ähnliche soziale und kulturelle Einrichtungen.

Mehr Qualität:

Die örtliche Presse ist der Meinung, dass weniger Politiker im Gemeinderat gleichbedeutend ist mit mehr Qualität und weniger Kosten. Nach unserer Ansicht ist genau das Gegenteil der Fall: Ein mehr an Ratsmitgliedern bedeutet zunächst einmal ein mehr an Demokratie. Es bedeutet auch ein mehr an Qualität, sofern eine größere Meinungsvielfalt zu einer qualitativen Verbesserung der dann erfolgten Beschlüsse bedeutet. Weniger Vertreter bedeutet gleichzeitig weniger Vielfalt und damit ggfls. weniger gute Diskussionen und daraus resultierender Ergebnisse.

Folgeneinschätzung / Wirkung bei Satzungsänderung:

Die Gemeindeverwaltung geht in der Beschlussvorlage davon aus, dass die Satzungsänderung von der Kommunalaufsicht beanstandet werden müsste und dann in Folge der Rat erneut über die Satzungsänderung beraten und ggfls. bestätigen müsste. Danach würde die Kommunalaufsicht, nach Meinung der Verwaltung, den Beschluss aufheben. Dann würde der Gemeinde der Klageweg offen stehen. Weiterhin ist die Verwaltung der Auffassung, dass bei einer gerichtlichen Niederlage, die Änderungssatzung für unwirksam erklärt würde und dann die Ursprungssatzung weiter Gültigkeit und somit der neue Rat die Stärke von 26 RM hat.

Auch hier sieht die Grüne Fraktion den Sachverhalt anders. Wir sind der Meinung, dass der Gesetzeswortlaut nur eine Änderung durch Satzung erlaubt und nicht durch eine Satzungsänderung. D.h. nach unserer Auffassung muss eine Reduzierung durch eine komplett neue Satzung erfolgen und dadurch steht die Gefahr im Raum, dass die Änderungssatzung und somit auch die Ursprungssatzung vor Gericht für unwirksam erklärt werden könnte und in der Folge der Rat in der nächsten Legislaturperiode nicht aus 26 sondern aus 32 Vertretern besteht und die derzeitigen Einsparungen konterkariert werden.

Ergebnis der Verwaltung:

Die Verwaltung stellt klar, dass eine Reduzierung auf 22 RM nach Ihrer Auffassung rechtlich möglich ist. Dies wird allerdings relativiert, da die Verwaltung ein nicht unerhebliches Beanstandungs- und Prozessrisiko sieht.

Die Ansichten der Grünen Fraktion:

Wie bereits gerade dargelegt, ist eine weitere Reduzierung aus unserer Sicht rechtlich nicht möglich. Wir sehen in einem Beschluss um eine weitere Reduzierung einen Gesetzesverstoß und gehen davon aus, dass dieser Beschluss von der Kommunalaufsicht beanstandet werden müsste. Würde die Kommunalaufsicht untätig bleiben, weisen wir auf folgendes mögliche Szenario hin:

mögliches Szenario

Bekanntlich kann jeder, der von der Satzung betroffen ist, nach erfolgter Bekanntmachung innerhalb eines Jahres Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. D.h. die Satzung hätte auch noch in den nächsten 12 Monaten einer rechtlichen Überprüfung unterzogen werden können. Es war daher möglich eine entsprechende Klage im März 2014 einzulegen. Da Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine längere Verfahrensdauer unterliegen, konnte davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Kommunalwahl 2014 22 Vertreter gewählt werden.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, was passiert wenn das Verwaltungsgericht die Satzung nach der Kommunalwahl für ungültig erklärt. Folge ist: In der Gemeinde Südlohn, müsste ein neuer Rat mit 26 bzw. 32 Vertreten außerordentlich gewählt werden. Die Kosten und der Imageverlust wären Immens. Weiter muss doch die Frage gestellt werden, was ist mit den bis dahin gefassten Beschlüssen, des nun rechtswidrig gewählten Rates? Sind diese Nichtig?

 Wir wollten dieses Risiko nicht eingehen?

Wir Grünen haben aus diesem Grund den Beschlussvorschlag nicht zugestimmt. Letztendlich hat der gesamte Rat auf eine Beschlussfassung verzichtet.

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